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Montag, 20. Dezember 2010

01 Obsessed

01 Obsessed

Bella

Was war das heute nur für ein Tag. Von einem Schlamassel stolperte ich wortwörtlich ins nächste. Heute Morgen hatte ich erst mein Frühstück vergessen und dann hatte ich auch noch eine Beule in mein Auto gefahren. Zwar hatte mein Truck sowieso schon ziemlich viele Beulen und Kratzer, aber erstens war es trotzdem ärgerlich und zweitens hatte ich irgendetwas angefahren. Als ich ausgestiegen war, war es bereits weg gewesen. Seltsam. Ich war nicht gerade langsam gewesen, jedoch fand ich keinerlei Spuren von Blut oder dergleichen.
Jedenfalls riss diese Pechsträhne nicht ab.
Als ich in der Schule ankam, lief ich den Cullens und Hales über den Weg. Eigentlich waren alle ganz nett, wenn man unter ‚alle‘ Alice, Jasper und Emmett verstand und Edward und Rosalie übersah.
Alice war etwa 1,60m groß, hatte kurze schwarze Haare und eigentlich immer ein Lächeln auf dem Gesicht. Sie war eine Frohnatur. Eine äußerst gutaussehende und gutgekleidete Frohnatur. Sie schien nie Sorgen zu haben, sondern verspürte ihren Optimismus in der Welt. Ihr Freund war Jasper Hale.
Jasper war groß. Ich tippte auf etwas über 1,85m. Er hatte blondes, etwas längeres Haar. Er war der Gegenpol zu seiner Freundin, die Ruhe selbst. Er lächelte selten und noch seltener erreichte es seine Augen. Wenn er von vielen Menschen umgeben war, wirkte er sehr angespannt, was mich ein wenig verwunderte. Vielleicht mochte er einfach keine großen Menschenansammlungen.
Seine Schwester Rosalie war so ziemlich das schönste Mädchen, das ich kannte. Sie war etwas größer als 1,70m, trug zudem meist Schuhe mit Absätzen und hatte blondes, langes Haar, welches ihr in weichen Wellen über die Schulter fiel. In ihrer Nähe bekam beinahe jedes Mädchen Minderwertigkeitskomplexe. Ich zum Beispiel. Sie war nie nett, höchstens anmaßend und arrogant.
Diesen Charakterzug teilte sie sich mit Edward Cullen. Wobei man bei ihm ruhig ‚bewusst verletzend‘ hinzufügen konnte. Er war 1,85m groß, genauso wie seine Geschwister unheimlich attraktiv und hatte bronzefarbenes Haar, das meist aussah, als wüsste er nichts mit einem Kamm anzufangen. Wer sich auch nur in seine Nähe traute, wurde beleidigt, verspottet und ausgelacht. Nicht gerade die perfekte Persönlichkeit. Immerhin etwas unperfektes an ihm.
Sein Bruder Emmett hingegen war richtig nett. Er war riesig. Ich schätzte mal 1,90m, in etwa. Er hatte braune Locken und lachte oft und gern. Er war mir wesentlich sympathischer als seine Freundin Rosalie.
Sie waren alle adoptiert, weshalb es in Ordnung ging, dass sie irgendwie alle zusammen waren, außer Edward. Der schien aber auch nichts gegen den Zustand zu haben, Single zu sein.
Jedenfalls lief ich ihnen an diesem Morgen über den Weg. Es hatte gerade geklingelt und ich war noch auf dem Parkplatz. Wie sich leider herausgestellt hatte, war unsere dumme Uhr zu Hause stehen geblieben.
Ich wollte nicht unbedingt zu spät kommen. Zwar passierte mir sowas nie, aber trotzdem nagte es an mir. Eigentlich war ich zuverlässig. Um aber nicht ZU zu spät zu kommen, musste ich rennen, was mit meiner Tollpatschigkeit nicht besonders gut kombinierbar war. Ich hatte gerade die Autotür zugeknallt und wollte losrennen - Abschließen musste ich nicht, ich lebte schließlich nicht umsonst in Forks, dem Kaff, das über eine kaum erkennbare Kriminalitätsrate verfügte. -, als ich gegen ein Auto lief.
Hatte das gerade eben schon da gestanden? Ich meine nämlich nicht.
Links neben meinem Truck hatte Edward Cullen seinen silbernen Volvo geparkt. Das war nicht gut. Hoffentlich hatte ich keine Kratzer reingemacht, sonst würde es jetzt ein Drama geben. Ein kurzer Blick auf das Auto verriet mir, dass das zum Glück - endlich hatte es zu mir gefunden - nicht der Fall war.
„Zieh dir doch mal eine Brille auf, Swan! Wenn du schon so blind bist und gegen ein Auto läufst.”, kam sofort die nette und überaus freundliche Begrüßung von Edward. Er stand auf der Fahrerseite und sah nicht gerade glücklich aus, was er sowieso eigentlich nie tat.
Ich lief rot an, murmelte eine Entschuldigung und wollte mich nur noch aus dem Staub machen, aber das sollte mir nicht vergönnt sein. Rosalie war auf meiner Seite ausgestiegen und stand nun in voller Größe vor mir. Nicht gut.
„Kannst du nicht aufpassen, du Trampel?”, zickte sie. Super, die beiden hatten wirklich eine absolut tolle Laune, fast schon ansteckend.
„Jetzt regt euch doch ab.” Das war Alice gewesen. Amen. Die beiden Zicken wandten sich ihr zu und sahen sie sauer an. „Tz.”
Ich nutzte diese kleine Ablenkung, um mich an Rosalie vorbei zu zwängen. Als ich in Richtung Gebäude davon spurtete, lachte Edward jedes Mal laut, wenn ich stolperte. Mir war das äußerst peinlich, aber ich versuchte dem Ganzen keine allzu große Bedeutung beizumessen.
Als ich im Gebäude ankam, stellte sich heraus, dass meine erste Stunde ausfiel. Der ganze Stress war also umsonst gewesen. Ich starrte bestimmt zwei Minuten auf die Zeile am schwarzen Brett. Unfassbar.
Als ich mich schwungvoll umdrehte, um beleidigt in die Bibliothek zu gehen, prahlte ich gegen eine ziemlich harte Brust, schätzungsweise eine Männerbrust und wenn ich weiter schätzte dann die von einem sehr gut durchtrainierten, etwa 1,85m großen Kerl mit bronzefarbenen Haaren.  
Es stellte sich als richtig heraus. Ich sollte mich vielleicht bei irgendeiner Show bewerben. Vielleicht könnte man etwas mit dem Talent anfangen?
„Die Empfehlung war ernst gemeint.”, kam nur von Edward. Instant-Röte.
Ich machte einen großen Schritt zurück und stieß mir, wie hätte es auch anders sein sollen, meinen Kopf an dem Brett. Sofort hörte ich das wohlklingende Lachen, welches ich ihm am liebsten ausgetrieben hätte – vorzugsweise mit meiner Faust –, wenn ich nicht wüsste, dass er sich rächen würde.
„So ein Tollpatsch.”, lachte er. Das Lachen war keineswegs nett, es war gehässig und klang nach purer Schadenfreude.
„Ich finde Trampel passt besser zu der.”, gab Rosalie ihren Senf dazu.
Ich senkte schnell meinen Blick und hoffte, dass es bald vorbei war. Wenn man sich nicht wehrte, verloren sie meistens schnell das Interesse daran, einen zu quälen.
„Nein, sie ist eher ein blinder Tollpatsch. Es wundert mich, dass sie überhaupt so lange überlebt hat.”, grinste Edward. Woher ich wusste, dass er grinste? Man konnte es seiner Stimme anhören. Wenn es möglich gewesen wäre, noch mehr rot zu werden, wäre ich es geworden. Das alles war mir so peinlich. Wo war Alice?
Scheinbar konnte man meinen Gedanken von meinem Gesicht ablesen, denn ich erhielt prompt eine Antwort. „Deine Rettung sitzt bereits im Unterricht.”, kam es von Rosalie. Das war nicht gut. Ich war noch nie allein auf die beiden getroffen. Wir hatten zwar zusammen die erste Stunde, aber eigentlich wusste ich schon vorher, ob sie ausfiel und begegnete ihnen somit nicht.
Ich schluckte kurz. Flucht. Ich musste flüchten. Während die beiden weiter über mich lachten oder sich passendere Namen ausdachten, versuchte ich schnell die Flucht nach links anzutreten. Aber Edward hatte scheinbar andere Pläne. Noch bevor ich an ihm vorbeilaufen konnte, hatte er seinen Arm ausgestreckt, mich eingefangen und an sich gezogen. „Du willst uns doch nicht einfach hier stehen lassen oder? Das wäre nicht gerade nett. Und ich dachte, du wärst so nett.”, flüsterte er in mein Ohr.
Jetzt bekam ich Angst. Was wollten die beiden von mir? Ich überlegte kurz, ob ich darauf etwas erwidern sollte, entschied mich aber dagegen. Es würde alles nur noch schlimmer machen.
„Ich glaube, sie will nicht mit uns reden, Rosalie. Wir sind ihr wohl nicht gut genug.”, richtete er sich nun an seine Schwester. Diese rümpfte nur die Nase und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Vielleicht sollten wir ihr ein paar Manieren beibringen.”, schlug diese vor.
„Da stimme ich dir absolut zu.”
Edward hatte seinen Griff um meine Hüfte keineswegs gelockert. Keine Fluchtmöglichkeit. „Also was schlägst du vor?”, fragte er mich. Ich wagte es kaum zu atmen. „Tztztz. Du machst es nur noch schlimmer, weißt du. Es wäre so viel einfacher, wenn du kooperierst.”, schnurrte er in mein Ohr. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Warum ich? „Du solltest ab und an Luft holen. Sonst läufst du noch blau an. Das wäre doch äußerst schade.”, lachte er.
Atmen? Jetzt merkte ich erst, dass ich die Luft anhielt. Hektisch inhalierte ich die Luft und versorgte meine Lungen mit dem nötigen Sauerstoff vermischt mit dem süßen Duft, den er verströmte. Das war so gemein. Er roch so gut, sah auch noch gut aus und konnte absolut charmant sein, wodurch er alles erreichen konnte. Unfair.
Ich spürte plötzlich seine Nasenspitze, die durch meine Haare strich. Was tat er da?
„Edward!”, mahnte ihn Rosalie. „Hör auf!” Ich runzelte kurz verwirrt die Stirn. Warum hielt sie ihn auf? Wahrscheinlich empfand sie die Tatsache, dass er mich berührte, widerlich. Angesprochener knurrte kurz leise, aber das hatte ich mir sicher nur eingebildet. Er ignorierte ihre Worte, drückte mich nur noch mehr an sich.
Ich hörte seine Atemzüge. Sie wurden schwerer. Oh Gott, er würde mich doch nicht etwa? Ich riss panisch die Augen auf. Nein, ich war nicht hübsch genug, da war ich mir ganz sicher. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, aber erreichte nichts. Er gab keinen Millimeter nach. Ich hörte nur ein weiteres Knurren. Hilfe?
Wenn das vorhin Angst gewesen war, war das hier Panik. Ich drückte meine Arme gegen seine Brust und versuchte Abstand zwischen uns zu bringen, aber ich war viel zu schwach.
„Edward, lass sie jetzt verdammt noch mal los!”, zischte Rosalie. Die Antwort fiel wieder eher knapp aus. Ein tiefes Knurren.
Ich unterdrückte die Tränen, die mir in die Augen stiegen, teils aus Scham, teils aus purer Angst, teils auf Grund des Schmerzes, der sich einstellte, weil sein Griff immer fester wurde. Ich brachte kein Wort hervor. Meinen Blick richtete ich schnurrgeradeaus auf seine Brust. Ich hatte zu viel Angst, dass ich in seinen Augen seine Absichten erkennen könnte.
„Edward, hör auf! Sofort!”, versuchte es Rosalie weiter. Sie griff an seine Schulter, aber er knurrte sie nur an und löste sich mit einem Ruck von ihrem Griff. Er war total angespannt und wirkte fast schon unmenschlich starr.  
Rosalie redete weiter auf ihn ein, wurde jedoch nicht laut. Warum rief sie niemanden?
Es wurde unmöglich, die Tränen zu stoppen. Sie begannen über meine Wangen zu laufen. Aber ich würde nicht heulen. Ich fühlte mich sowieso schon gedemütigt genug. Warum kam denn niemand?
„Alter, lass sie sofort los!” Emmett! Gott sei Dank. Aber selbst ihn ignorierte Edward vollständig. Heute war nicht mein Tag. Ich hätte im Bett bleiben sollen. „Edward, ich hab gesagt, du sollst sie loslassen!”, brummte er. Es klang beinahe so bedrohlich wie das Knurren seines Bruders, was darauf folgte.
Was war nur mit Edward los? Das war nicht normal. Ich drückte meine Arme wieder gegen seine Brust, um mich zu befreien. Ich musste es wenigstens versuchen. Emmett schnappte sich von hinten beide Arme seines Bruders und zog an ihnen, aber sie bewegten sich kaum. Ich war gefangen wie in einem Schraubstock, der zunehmend enger wurde, je mehr ich mich wehrte. Es musste doch eine Lösung... Vielleicht war es das? Sein Griff wurde nur dann stärker, wenn ich mich wehrte oder jemand versucht mich aus diesem Schraubstock zu befreien.
Ich versuchte mich also zu entspannen. Ich atmete ein paar Mal tief durch und schluckte. Es wird alles gut. Das zumindest versuchte ich mir einzureden. Es gelang mir wenigstens etwas.
Während ich versuchte, mich zu lockern und nicht zu wehren, redete Emmett weiter auf Edward ein, der ihn vollkommen ignorierte. Er knurrte nicht einmal mehr. Ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war, würde ich sicher bald herausfinden.
Als Emmett noch einen weiteren Versuch starten wollte, mich zu befreien, hatte ich mich genug beruhigt, um zu sprechen. „Nein.” Es war kaum zu hören, aber Emmett schien es verstanden zu haben. Er stoppte und sah mich über die Schulter seines Bruders hinweg an. „Was?”, fragte er ungläubig nach. „Es wird nur schlimmer.”, erklärte ich leise. Ich befürchtete, dass, sobald Edward meine Taktik durchschaute, es wieder schlimmer wurde.
Emmett sah mich verständnislos und ein wenig entsetzt an. „Bella, du verstehst das nicht.”
Ich schüttelte leicht den Kopf, was Edwards Aufmerksamkeit wieder auf meine Haare richtete. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Das war doch kein normales Verhalten. Er vergrub seine Nase wieder in meinem Haar und ich spürte, wie er meinen Duft tief inhalierte. Statt einem Knurren hörte ich dieses Mal ein Schnurren wie das einer Katze. Sämtliche Härchen stellten sich in meinem Nacken auf. Ich hoffte, dass das ein gutes Zeichen war.
Wie konnte ich eigentlich so ruhig bleiben? Ach ja, Panik brachte mich nicht weiter.
Emmett zog verwundert eine Augenbraue hoch und sah kurz zu Rosalie, die zum ersten Mal, seit ich sie kannte, nicht arrogant aussah, sondern eher ernsthaft besorgt. Ich blendete die beiden aus und konzentrierte mich auf Edward. Ich spürte seine Nasenspitze inzwischen an meinem Hals, wie sie dort ihre Bahnen entlang strich. Wenn das nicht Edward vor mir und die Situation scheinbar nicht so gefährlich wäre, dann hätte ich diese Geste genossen.
„Edward?”, wisperte ich. Ich traute mich nicht, ihn richtig anzusprechen, und zweifelte daran, dass er wirklich geistig anwesend war. Sein Griff verstärkte sich etwas. Ich zischte leise. Es tat langsam wirklich richtig weh. Er hatte seine Bewegungen nicht unterbrochen.
„Edward, bitte.” Die Tränen waren wieder da. Ich redete mir krampfhaft ein, dass Weinen mich nicht weiter brachte, und schluckte kurz. Ich versuchte meine Arme zu bewegen, was Edward scheinbar falsch und als einen weiteren Fluchtversuch verstand. Der Schraubstock zog sich weiter zu.
„Edward, du tust ihr weh.” Emmett machte nicht den Fehler und fasste ihn an. Dieses Mal hielt er Abstand und versuchte ihn zu beruhigen. Scheinbar hatte er meinen Plan verstanden.
„Edward, ich laufe nicht weg.” Er verharrte kurz an einer Stelle meines Halses, aber machte keine zwei Sekunden später weiter. Sein Griff lockerte sich minimal. Aber es war ein Fortschritt. Ich hörte, wie Emmett erleichtert ausatmete.
Ich versuchte wieder meine Arme zu bewegen und dieses Mal reagierte Edward nicht darauf. Zumindest nicht indem er mich stärker an sich presste. Er spannte sich nur etwas an; wusste offensichtlich nicht, was ich vorhatte. Ich wusste es selbst noch nicht so genau. Ich hoffte nur, dass es helfen würde.
Langsam und vorsichtig legte ich meine Arme um ihn. Wieder ein Schnurren. Und wieder ein bisschen mehr Platz zum Atmen.
Mein Blick schweifte kurz zu Emmett, der bereits darauf wartete, dass sein Bruder locker genug ließ, damit ich entkommen konnte. Er wirkte fast genauso angespannt wie Edward. Rosalie sah ich nirgendwo. Wo war sie?
Konzentration, Swan! Ich atmete tief durch. Und nun?
Ich streichelte ihn leicht und hoffte, dass das zu weiteren kleinen Erfolgen führen würde. Edward schien sich zu entspannen, der Schraubstock löste sich weiter und er schnurrte jetzt wirklich wie eine Katze. Über die Absurdität dieser Situation würde ich später nachdenken.
Emmett war einsatzbereit, aber der Griff noch zu fest. Was sollte ich jetzt noch tun?
Ich überlegte kurz, wie man Edward weiter positiv verstärken könnte, damit er endlich losließ.
Ich seufzte leise und drückte mich an ihn. Zwar konnte ich es nur andeuten, weil ich sowieso schon so eng, es nur ging, an ihn gedrückt war, aber er verstand es. Wieder lockerer, entspannter. Gut. Aber das nächste, was darauf folgte, warf meine Überlegungen gewaltig aus der Bahn. Ich spürte seine Lippen an meinem Hals. Sie strichen, wie seine Nase zuvor, darüber. Was mich nervös machte, war, dass er genau an meiner Halsschlagader entlang strich.
Emmett zischte hinter ihm. Ich sah kurz über Edwards Schulter. Emmett war bis aufs Zerreißen gespannt. Okay, dann war das wohl kein gutes Zeichen. Er richtete seinen Blick auf mich und formte mit seinem Mund die Worte ‚Lenk ihn ab‘. Eindeutig ein äußerst schlechtes Zeichen.
Ich atmete tief durch. Wie sollte ich ihn ablenken?
Ich beschloss, dass es wohl nicht förderlich war, sonderlich lange zu überlegen, also ließ ich meine Instinkte darüber entscheiden.
Meine Hände streichelten jetzt seine Seiten auf und ab und mein Körper presste sich an ihn.
Ich sah noch ein letztes Mal zu Emmett. ‚Bei drei.‘
Mein Kopf legte sich schief, wodurch Edward besser an meinen Hals kam. Er quittierte es mit einem weiteren Schnurren. Ich seufzte wieder leise, als ob es mir gefallen würde. Okay, irgendwo genoss ich sicherlich diese Berührungen, wenn da nicht diese Furcht wäre, die sich wie eine eiserne Faust um mein Herz legte.
Sein Griff lockerte sich immer mehr. Ich bekam immer besser Luft. Gott sei Dank.
Emmett nickte und hielt einen Finger hoch. ‚Eins.‘
Okay, alles oder nichts. Ablenken. Ich schloss kurz meine Augen. Ich setzte alles auf eine Karte. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, drehte ich meinen Kopf in Edwards Richtung, der kurz verwundert stoppte und aufblickte.
Seit wann waren seine Augen schwarz? Und hatte er vorhin schon diese Augenringe gehabt?
Nicht nachdenken!
‚Zwei.‘
Ich schloss meine Augen und presste meine Lippen auf seine. Er erstarrte prompt.
„Drei.”
Alles passierte so schnell, dass ich nur spürte, wie Edwards Arme weggerissen wurden und mich andere packten und wegzogen. Das Adrenalin pumpte durch meine Adern und ich hörte wie durch Watte das tiefe, bedrohliche Knurren. Oh Gott, hatten wir es nicht geschafft?
Ich öffnete zögerlich meine Augen und glaubte, dass ich noch immer in Edwards Armen gefangen war, aber er stand gute fünf Meter weit weg und wurde von Emmett festgehalten. Dieser hatte alle Hände voll zu tun, seinen Bruder unter Kontrolle zu halten.
In wessen Armen befand ich mich denn nun?
Ich drehte meinen Kopf leicht und erkannte Rosalie, die geschockt zu ihrem Freund und ihrem Bruder sah. Sie ließ mich los und eilte Emmett zu Hilfe. Ich war wie festgefroren. Ich konnte mich nicht von der Stelle bewegen. Kein Muskel wollte sich rühren.
Emmett hielt Edward an seinen Armen fest, während dieser versuchte sich loszureißen. Was würde passieren, wenn er ihn nicht halten konnte? Noch mehr Panik überfiel mich. Das erste Schluchzen bahnte sich seinen Weg durch meine Kehle und machte sich Luft.
Kaum dass es raus war, richtete Edwards Blick sich fest auf mich. Ich konnte ihn nicht deuten. Was war heute nur für ein Tag?
Edward stemmte sich jetzt noch mehr gegen seinen Bruder, während Rosalie ihre Hände auf seine Schulter legte und versuchte ihn zurück zu drücken und wisperte ihm irgendetwas zu. Ihr Bruder schloss daraufhin kurz seine Augen, schien nachzudenken - endlich - und als er seine Augen wieder öffnete, sah ich die verschiedensten Emotionen in ihnen. Aber auf Grund meines Schocks konnte ich sie nicht deuten. Ich war wie gelähmt. Eine Emotion war jedoch prägnant. Verzweiflung. Warum war er verzweifelt?
„Verschwinde, Bella!”, zischte Rosalie angestrengt.
Hör auf sie. Lauf, renn weg, los!
Nichts passierte. Ich starrte die drei nur aus verheulten Augen an. Mein Schluchzen hatte aufgehört. Warum verschwand ich nicht einfach? Ich war doch endlich frei. Aber irgendetwas hielt mich hier fest.
„Bella, verschwinde jetzt endlich!”, stöhnte Emmett. Ihm ging doch nicht etwa die Kraft aus? Oh Gott, bitte nicht. Die Angst in mir gewann die Oberhand und ich nahm förmlich die Beine in die Hand und rannte in die entgegengesetzt Richtung.
Als ich noch einen letzten Blick über die Schulter wagte, sah ich, dass Edward zusammengesackt in den Armen seines Bruders hing. Was war passiert?

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